Zum Inhalt springen
Volksbund Logo Desktop Volksbund Logo Mobil
Gräbersuche Mitglied werden Jetzt spenden Spenden

Workcamp Gotha: ein Netz der Freundschaft quer durch Europa

Eindrücke von einem Tag mit internationaler Volksbund-Gruppe in Thüringen

Der Volksbund verbindet europaweit – an wenigen Stellen wird das so gut sichtbar wie auf dem Hauptfriedhof in Gotha. 23 junge Leute aus acht Nationen arbeiten dort, angeleitet von diesem Team: Yaryna Hanushak aus der Ukraine, Bodgan Parfene aus Rumänien, Natalie Alder aus Deutschland und Radoslav Pales, ein junger Lehrer aus der Slowakei.
 

„Ich habe hier im Camp zum ersten Mal mit jemanden aus der Türkei gesprochen“, sagt eine junge Frau aus Polen. Einige Teilnehmer aus Italien sind jedes Jahr dabei –  dank langjähriger Kooperation mit einer Deutschlehrerin aus Avellino. Manche haben sich schon zum dritten Mal für ein internationales Volksbund-Workcamp angemeldet.
 

Angereist aus der Ukraine

Freunde in Europa zu finden und mit ihnen in Kontakt zu bleiben – das ist für viele das Interessanteste, bestätigt Dominik aus Warschau. Er hat mit einem Freund ein Start-Up gegründet und beginnt im September ein IT-Studium. Zakhar aus der Westukraine stimmt ihm zu. Der Schüler ist aus Kolomyja angereist, das mit rund 60.000 Einwohnern nur wenig größer ist als Gotha.

Aus acht Ländern kommen die 23 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Alter von 16 bis 24 Jahren: Deutschland, Großbritannien, Italien, Polen, Rumänien, Tschechien, der Türkei und der Ukraine. Auf dem Hauptfriedhof arbeitet die Gruppe an mehreren Tagen – bei strömendem Regen und großer Hitze. An einem Tag packt Dr. Heike Dörrenbächer, Leiterin der Abteilung Gedenkkultur und Bildung, mit an.

 

Viele Aspekte der Gewaltgeschichte

Sowohl historisch als auch landschaftsgärtnerisch ist die Anlage ein Kleinod. Dort sind rund 1.000 Kriegstote aus ganz unterschiedlichen geschichtlichen Epochen begraben: Es gibt Gräber des Ersten und Zweiten Weltkrieges, Grablagen sowjetischer Kriegstoter (auch Zwangsarbeiter und ihre Kinder, Kriegsgefangene) sowie Denkmäler für die Alliierten. Viele Aspekte der Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts sind dort auf engstem Raum vereint.

Zum Programm gehören auch Besuche anderer Gedenkorte. Ein Beispiel: die „Gedenkstätte Topf und Söhne“, die Krematorien für Konzentrationslager wie Ausschwitz lieferte. Das Motto „Stets gern für Sie beschäftigt“, das auf der Hauswand der Gedenkstätte zu sehen ist, empfängt die Gäste schon von weitem. Es hängt unmittelbar mit dem Verbrechen zusammen, machte Konstantin, ein junger Geschichtsstudent, bei einer Führung zum Thema „Menschheitsverbrechen und Berufsalltag“ deutlich.

 

„Stets gern für Sie beschäftigt“

„Es ist nicht immer das Böse, das zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit führt“, sagt der Student bei der Führung. „Stets gern für Sie beschäftigt“ hieß im Falle der Firma „Topf und Söhne”, sich bewusst für den Auftrag der SS zu entscheiden, Krematorien zu bauen, während des Krieges immer effizienter weiterzuentwickeln und persönliche und wirtschaftliche Vorteile in Anspruch zu nehmen. Einen Zwang dazu, so belegen die Dokumente in der Ausstellung vor Ort, gab es nicht.

Heike Dörrenbächer verabschiedet sich nach einem arbeitsreichen Tag mit intensiv erlebten historischen Inhalten mit den Worten: „Das ist es, was wir im Volksbund erreichen wollen: sensibilisieren dafür, dass wir in vielen Situationen eine Wahl haben und dass es in unserer Verantwortung liegt, sie bewusst zu treffen."
 

ARD-Mittagsmagazin berichtet

Ein Kamerateam begleitet die jungen Leute an einem anderen Tag für das Mittagsmagazin der ARD. Gefragt nach ihrer Motivation sagen sowohl Teilnehmer als auch die Campleiterin, dass sie nicht nur die Auseinandersetzung mit der Geschichte, sondern auch mit den Kriegen der Gegenwart bei der Arbeit auf dem Hauptfriedhof besonders beschäftigt (dreiminütiger Beitrag vom 6. August).

„Es ist schon das 27. Workcamp in Gotha seit der Neugründung des Landesverbandes Thüringen 1991”, stellt Henrik Hug fest. Der Geschäftsführer des Landesverbandes Thüringen ist seit dem Jahr 2000 beim Volksbund aktiv. Er dankt für die Unterstützung der Stadt – vor allem des Oberbürgermeisters Knut Kreuch – sowie der Bundeswehr. Sie übernahm auch hier die Versorgung mit Frühstück und Abendessen in der Steuerfachhochschule Gotha, wo die Gruppe gegen einen geringen Obulus untergebracht ist.
 

Begegnung in der realen Welt

Am Ende bleibt die Erinnerung an intensive Eindrücke, Gespräche, gemeinsame Reflexion, aber auch an unbeschwerte Momente des Zusammenseins beim Freizeitprogramm, das als Ausgleich zu jedem Volksbund-Workcamp dazugehört. Viele teilen das Gefühl: Das ist es, was in Europa verbindet – Begegnungen in der realen Welt, analoge Kontakte, die im besten Falle junge Menschen dauerhaft miteinander vernetzen, die sich für Frieden in Freiheit einsetzen.

 

Der Volksbund ist ...

… ein gemeinnütziger Verein, der im Auftrag der Bundesregierung Kriegstote im Ausland sucht, birgt und würdig bestattet. Mehr als 10.000 waren es im vergangenen Jahr. Der Volksbund pflegt ihre Gräber in 45 Ländern und betreut Angehörige. Mit seinen Jugend- und Bildungsangeboten wie Workcamps und PEACE LINE erreicht er jährlich rund 38.000 junge Menschen. Für seine Arbeit ist er dringend auf Mitgliedsbeiträge und Spenden angewiesen.

jetzt unterstützen

 zur Startseite